Am 20. Oktober 2024 wurde die bereits 20. Skulptur am Kunst- und Skulpturenweg PURPLE PATH, einem der Hauptprojekte der Kulturhauptstadt Europas Chemnitz 2025, auf der Dittersdorfer Höhe in Amtsberg eingeweiht.
Der 1967 in Dresden geborene Konzeptkünstler Olaf Holzapfel setzt als Reminiszenz an eine Kindheitsbeobachtung ein skulptural-konstruktives Werk in die freie Landschaft der Dittersdorfer Höhe. Um eine innere Struktur aus aufstrebenden Vierkantbalken sind äußere Elemente wie ein schützendes Geflecht gleichmäßig angeordnet. Die beiden ineinander gesteckten Konstruktionen erinnern an die Holz- oder Stahltürme, die in der bewegten Landschaft Sachsens exakt über vermarkten Festpunkten errichtet wurden und als Vermessungsstationen im Netz der Königlich-Sächsischen Triangulirung [sic!] im 18. Jahrhundert zur Kartierung des Königreichs dienten. Diese weithin sichtbaren Stationen, waren so konstruiert, dass die Bereiche für Menschen und für technische Instrumente getrennt funktionierten, denn die Messergebnisse sollten möglichst ungestört von Wärme, Erschütterungen oder dem Gewicht menschlicher Körper aufgezeichnet werden.
Als Sinnbilder des ambivalenten Verhältnisses von Technik und Natur vermittelt Holzapfels Werk den Glaubenssatz wissenschaftlicher Objektivität, die Dinge so weit von der Natur zu lösen, bis sie Teil eines vom Menschen erdachten Zeichensystems werden. Paul Alsberg, der heimliche Vordenker der philosophischen Anthropologie, hat dieses Prinzip als Körperausschaltung beschrieben, als Voraussetzung für den intelligenten Einsatz von Technik in einer als feindlich empfundenen Umwelt. Mit diesem Entfremdungsmechanismus hat nunmehr eine Verwandlung der Natur in Halbfabrikate (Vilém Flusser) stattgefunden, in eine durch und durch synthetische, vom Menschen gemachte Wirklichkeit.
Die Triangulationstürme, die im Laufe der Jahrzehnte zweckentfremdet auch als Sendeanlagen oder Antennen dienten, sind aus dem heutigen Landschaftsbild Sachsens gänzlich verschwunden. Holzapfel, für den die Triangulation schon das Thema seines Beitrags bei der documenta 14 berührte, errichtet auf der Dittersdorfer Höhe seinen ca. 14 Meter hohen Holzturm in unmittelbarer Nähe zu einer 1869 errichteten Königlich-Sächsischen Triangulationssäule. Mit seiner Arbeit schafft er nicht nur eine Erinnerung an die technische Revolution früherer Generationen, er macht auch bewusst, dass wir von dort in eine von Menschen vermessene und gestaltete Kulturlandschaft blicken.
Fotos:
Olaf Holzapfel: Zwei in ein ander Gewobene, Courtesy: Olaf Holzapfel, Foto: Johannes Richter
Weitere Infos unter:
Chemnitz 2025: Olaf Holzapfel: Zwei in ein ander Gewobene
Chemnitz 2025: Kunst- und Skulpturenweg PURPLE PATH